Das KASPERLE-Schema ist eine Merkhilfe für die Kommunikation mit pädiatrischen Notfallpatienten. Kinder und Jugendliche gehen aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen und ihrer individuellen Reife unterschiedlich mit Notfallsituationen um. Mit einer gezielten Kommunikation und der Beachtung verschiedener Grundsätze, gelingt der Notfalleinsatz auch mit pädiatrischen Patienten.
Mit dem KASPERLE-Schema hast du eine Merkhilfe zu Hand. Diese soll dir die Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen vereinfachen.
Kontakt aufnehmen #
Stelle Augenkontakt her und nähere dich dem pädiatrischen Patienten langsam. Frage nach dem Namen, stelle dich mit Vornamen vor und begrüße den Patienten persönlich. Deine Hände sollten sichtbar sein. Bevor du den Patienten berührst, solltest du diese Maßnahme ankündigen.
Ablenkung #
Mit Ablenkung kannst du Ruhe in einen Notfall bringen. Bereits durch die Beantwortung von Fragen lenken wir das Kind ab. Bei der körperlichen Untersuchung können wir das Kind auffordern, unsere Hand fest zu drücken, wenn es selbst Schmerzen empfindet.
Aber auch die Aufforderungen laut bis zu einer bestimmten Zahl zu zählen oder etwas zu singen, bringt Ablenkung.
Situation und Maßnahmen kindgerecht erklären #
Fachbegriffe sind in der Kommunikation mit Kindern tabu. Einfache Sprache fördert das Vertrauen. Auch komplexe Zusammenhänge müssen einfach erklärt werden.
Bevor eine Maßnahme durchgeführt wird, ist diese anzukündigen und zu erklären.
„Ich höre dir jetzt auf den Bauch.“ Erst dann zeigst du das Stethoskop und führst die Maßnahme an dir oder einem Kuscheltier vor.
Personen einbeziehen #
Eltern, Großeltern, Angehörige, aber auch Erzieher oder Lehrer müssen einbezogen werden. Bereits im Säuglingsalter orientieren sich pädiatrische Patienten am Verhalten ihrer Bezugspersonen.
Bezugspersonen beeinflussen das Gelingen der Kommunikation mit dem Kind maßgeblich.
Entscheidungsfreiheit lassen #
In vielen Situationen können wir dem Kind die Entscheidungsfreiheit lassen. Auch Eltern sollten bestärkt werden, dass der pädiatrische Patient eine Entscheidung selbstständig treffen darf.
„Möchtest du eine Decke?“ „Möchtest du dein Stofftier mitnehmen?“ sind nur zwei mögliche Fragen, die man immer stellen kann.
Durch die Entscheidungsfreiheit ermöglichen wir dem Kind Kontrolle über die Situation zu erlangen. Das ist auch für die Entwicklung der persönlichen Resilienz des Kindes von großer Bedeutung.
Ruhe bewahren und für ein ruhiges Umfeld sorgen #
Bei den meisten Notfällen können wir uns dem Kind ruhig und besonnen nähern. Dies entschärft die Situation. Viele Patienten spüren Anspannung und reagieren entsprechend.
Natürlich sollten wir auch für ein ruhiges Umfeld sorgen. Auf dem Schulhof oder in der Klasse sind Kinder abzuschirmen. Wenn zahlreiche Familienangehörige im Raum sind, sollte die Anzahl auf die wichtigsten ein oder zwei Bezugspersonen reduziert werden.
Lieblingsstofftier #
Fast jedes Kind hat ein Lieblingsstofftier. Zu diesem besteht ein besonderer Bezug. Sofern möglich, sollte dieses das Kind bei einem Notfall begleiten. Das Lieblingsstofftier bietet einem Kind Trost, Sicherheit und eine Rückzugsoption.
Steht das Lieblingsstofftier nicht zur Verfügung, können wir einen Ersatz anbieten. Die meisten Fahrzeuge des Rettungsdienstes und der Feuerwehr verfügen über ein Stofftier. Nimmt das Kind dieses an, sollte es dieses natürlich behalten dürfen.
Ehrlich sein und kindlichen Patienten ernst nehmen #
„Tut das weh?“ – auf diese Frage müssen wir ehrlich antworten. Ansonsten ist das Vertrauen schnell zerstört. Nur weil ein Kind nicht erwachsen ist, haben wir kein Recht, unehrlich zu sein.
Fragen, die uns unsinnig erscheinen, können für das Kind äußerst relevant sein. Bedenken sollten in jedem Fall besprochen werden. Nimm diese ernst, auch wenn sie für dich völlig abstrakt erscheinen.
KASPERLE in der Praxis #
Verwende das Schema auf der Anfahrt zum Einsatz, um dich auch die Kommunikation mit deinem Patienten einzustimmen. Neben dem pädiatrischen Beurteilungsdreieck sind die Inhalte des KASPERLE-Schemas wichtige Werkzeuge für ein erfolgreiches Einsatzgelingen.
Quellen #
Meine Quellen zum Beitrag KASPERLE-Schema sind:
- Löwe, F. & Jahn, M. (2022). Checklisten Rettungsdienst: Notfall- und Gefahrensituationen (2. Aufl.). Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH.
- Nikendei, A. (2022, 1. März). Rettungsdienst-Praxisbuch Kommunikation: Verstehen und verständigen. (1. Aufl.). Stumpf + Kossendey.