Die Abkürzung SIDS steht für Sudden infant death syndrome. Der plötzliche Säuglingstod ist definiert als der rasch eintretende Tod eines Säuglings, der nach der Anamnese unerwartet ist, bei dem die Auffindesituation und die äußere Besichtigung des Körpers keine Anhaltspunkte für einen nicht-natürlichen Tod ergeben und bei dem eine nach einem definierten wissenschaftlichen Protokoll durchgeführte postmortale Untersuchung (Autopsie) keine Befunde ergibt, die aus klinischer und histologisch-pathologischer Sicht als todesursächlich gelten können. Ganz vereinzelt können auch noch jenseits des ersten Lebensjahres Kinder mit den Merkmalen des plötzlichen Säuglingstodes versterben. [1]
Basisinformationen #
Der plötzliche Kindstod tritt bei Kindern im ersten Lebensjahr auf. Betroffen sind vor allem Kinder zwischen dem 2. und 4. Lebensmonat.
Da der Tod im Schlaf auftritt, bleibt dieser anfangs meist unbemerkt. Aus diesem Grund ist der Reanimationserfolg meistens sehr gering.
Es handelt sich um die häufigste Todesursache im Säuglingsalter, tritt aber nur bei 0,46 Säuglingen unter 1.000 Lebendgeborenen auf.
Die Kinder gelten als gesund und haben maximal einen harmlosen Atemwegsinfekt zum Todeszeitpunkt.
Aktuelle Forschung #
Dieses Jahr wurde über eine Forschungsarbeit aus Australien berichtet. Dort ist es gelungen, bei einer größeren Anzahl betroffener Kinder den Mangel eines bestimmten Enzyms nachzuweisen. Viele Magazine titelten bereits, dass der SIDS verhindert werden kann.
Bis zu einem Schnelltest ist es allerdings noch ein weiter Weg. Zumindest konnte jetzt ein potenzieller Auslöser gefunden und weiter erforscht werden.
Risikofaktoren #
- Schlafen in Bauch- oder Seitenlage
- Hyperthermie
- Rauchen der Mutter und in der Umgebung
- Frühgeborene
- Geringes Geburtsgewicht (< 2.000 g)
- Drogen- und alkoholabhängige Mutter
- keine oder kurze Stillzeit
- Schlafen im Elternbett*
- Geschwister von betroffenen Kindern
* Schläft ein Kind im Elternbett ist dies alleine noch kein Risikofaktor. Sobald aber ein weiterer Risikofaktor hinzukommt (vor allem aber Rauchen in der Schwangerschaft und in der Kindswohnung) ist das Risiko deutlich erhöht.
Maßnahmen #
- Atmung überprüfen
- Sind eindeutige Todeszeichen zu erkennen: Keine Reanimation.
- Sine keine eindeutigen Todeszeichen zu erkennen: Reanimation.
Auch beim Verdacht auf den Plötzlichen Kindstod wird mit einer ALS-Reanimation begonnen.
Frühzeitig an die Notfallseelsorge denken!
Umgang mit den Eltern #
Die Eltern sollten unbedingt in die Reanimation einbezogen werden. Frage aktiv nach, ob sie helfen möchten. Einfache Maßnahmen können das langfristige seelische Trauma verbessern. Eine Infusion kann gehalten werden oder die Eltern schaffen Platz. In jedem Fall müssen die Eltern in der Lage sein, die Maßnahmen zu beobachten. Sofern möglich, sollten Maßnahmen erklärt werden.
Im Fall einer Todesmitteilung sollten klare, eindeutige Worte gewählt werden. Erste Informationen zum SIDS können entlastend wirken. Der Tod kommt plötzlich und kann nicht vorhergesehen werden. Er ist unabhängig von der Versorgung des Kindes.
Bei Verdacht auf SIDS wird als Todesursache „ungeklärt“ angegeben. Die Folge kann eine Obduktion und der Einsatz der Polizei sein. Bereite dir Eltern auf diese Maßnahmen vor. Achte darauf, dass die Eltern Ärzte und Polizei nicht als Feinde wahrnehmen. Auch die Obduktion ist langfristig gesehen eher eine Entlastung für die Eltern.
In jedem Fall muss den Eltern die Möglichkeit gegeben werden, Abschied zu nehmen. Bekräftige zweifelnde Eltern darin, Abschied zu nehmen. Dränge niemanden dazu.
Achte im Rahmen deines Einsatzes auch auf Geschwister. Gerade jüngere Kinder können ihre Gefühle nicht ausdrücken und werden in diesen Situationen schlicht vergessen.
Denke an die Alarmierung der Notfallseelsorge!
Belastung für den Rettungsdienst #
Auch für das Rettungsdienst-Personal ist der plötzliche Kindstot ein extrem belastender Einsatz. Gefühle wie Überforderung und Hilflosigkeit sind völlig normal.
Nach einem belastenden Einsatz haben Rettungskräfte das Recht, eine Pause einzulegen oder den Dienst zu beenden. Das sollte man nicht vergessen.
Auch Fachpersonal steht ein Kriseninterventionsdienst zu Verfügung. Dieser kann über die Leitstelle alarmiert werden.
Zusammenfassung #
Der plötzliche Kindstod ist ein nicht vorhersehbarer Notfall, der für alle Beteiligten extrem belastend ist. Sofern keine sicheren Todeszeichen vorliegen, soll mit der Reanimation begonnen werden.
Da der Tod meist spät bemerkt wird, sind viele Reanimationen nicht erfolgreich. Betreue die Eltern und vergesse auch Geschwister-Kinder nicht.
Ein plötzlicher Kindstod ist auch für den Rettungsdienst ein belastender Einsatz. Es steht dir frei, den Dienst nach einem belastenden Einsatz zu beenden.
Quellen #
1. (SIDS, Sudden infant death syndrome, ICD 10: R95) Leitlinie (S1, DGSM, Stand v. 09/2017, AWMF Nr. 063-002)
2. Jürgem Luxem, Klaus Runggaldier, Harald Karutz, Frank Flake (Hrsg.) (2020), Notfallsanitäter Heute, 7. Auflage, Elsevier GmbH.
3.Flake, F. & Scheinichen, F. (2019). Kindernotfälle im Rettungsdienst (6. Aufl. 2019). Springer.
4. Böhmer, R., Wolcke, B. & Schneider, T. (2020). Taschenatlas Rettungsdienst: Der ständige Begleiter für den Rettungs- und Notarztdienst (aktualisierte und erweiterte). Böhmer & Mundloch Verlag.